Julius Lehmann Interview

Wer mit Julius seine Zeit verbringt, bekommt das Gefühl genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Selten trifft man auf solche Rackelpeter, die so viel lebhafte, lustige Lebensfreude in sich tragen und diese an ihre Mitmenschen weitergeben. An Julius Aufenthaltsort steigt die kreative Energie stetig an, alte Rollbretter rollen wieder, Figuren aus Sektkorkenhalter werden gefunden, Stickers werden geklebt, T-Shirts bedruckt, Kastanien vom Baum geschüttelt und Schiffe aus Flyern gebastelt. Für Julius ist die Welt ein Spielplatz auf dem jeder mitspielen darf und keiner allein gelassen wird. Schön das es dich gibt.

- Die Geschwister
 
(Photo: Niels Heise)



Julius, stell dich doch mal eben vor, damit wir wissen mit wem wir es zu tun haben.

Moinsen! Ich bin Julius Lehmann. Aufgewachsen bin ich in der Nähe von Göttingen, genau gesagt ins Wiensen - mit 8 Geschwistern. Oliven mag ich und frische Luft. Auf dem Board stehe ich regular, aber auch gerne switch. Deckbreite 8.125 von Boardmag, Venture Achsen und 54mm Speet Rats Wheels.

Du hast deine eigene Firma, Tré. Erzähl doch mal, wie das angefangen hat und wie das läuft.

Tré steht für verschiedene Dinge, wie z.B. die Kunst zu Leben,
Chaos, Farbe, verrückt zu sein, Klettern, Design, Spaß, Jonglieren, Springen, Musik, Natur, Kraft, Surfen, Lachen, Snowboarden, Skaten, Denken, Reisen und Zusammenhalt!

Das Gestalten und Zeichnen gehörte schon immer zu meinem Lebensinhalt mit dazu. Ich war schon lange auf der Suche nach einem Namen, der mein Tun und meine Lebenseinstellung wiederspiegelt. So bin ich über Kunst und Natur zum englischen Wort „tree“ - für Baum - auf den Namen Tré gekommen. Aber da stecken noch ein paar mehr Dinge drin. Zum Beispiel bedeutet „très“, aus dem Französischen, eine Steigerung, das „´“ auf dem „e“ stellt Voranstreben dar und zeichnet das große E in Form einer umgedrehten 3 aus. „tres“ bedeutet 3 im Spanischen - ich bin der 3. von 9 Kindern (3 mal 3) außerdem hat mir die 3 immer schon wegen ihrer Form und Anordnung im Raum sehr gefallen. Wortspiele und neue Ideen bekomme ich durch diesen Namen nun zu genüge und es ist ein unerschöpfliche Ideenquelle für mich. 2009 habe ich ein Praktikum bei den unitedskateboardartists in München gemacht, konnte zum Abschluss dort meine erste Reihe T-Shirts - ungefähr 100 Stück - drucken und ihre alte Siebdruckmaschine übernehmen. Meine Abschlussarbeit war ein Jahreskatalog für Tré.In allem was mich umgibt befindet sich nun auch Tré. Aber das lässt sich mit allem machen. Alles ist in allem.
Nun stehen mittlerweile einige Menschen dahinter. Freunde und Familie bringen sich auf verschiedene Weise mit ein. Sie tragen Tré-Kleidung, fotografieren, filmen, fahren Skateboard, Longboard, Snowboard, jonglieren, zeichnen.
An dieser Stelle, vielen Dank an jene!

  FS 5-0 - da glotzt sogar der Elch blöd aus der Straße.

Das hört sich nach gesundem Spaß am Leben und der Kunst an. Aber wie finanzierst du dir deine Brötchen? Machst du auch Geld Trés?

Bisher verschenke und verkaufe ich Tré Shirts, Pullover und Jutebeutel an Freunde, Bekannte und Verwandte. Auf Facebook gibt es eine Tré-Seite. Bin aber drauf und dran eine Internetseite mit Shop zu gestalten und die Klamotten auch in verschiedenen Läden anzubieten. Die Brötchen verdiene ich mir als Siebdrucker und Skatetrainer Ansonsten bewerbe mich als Grafik-Designer.

Hast du eine Ausbildung gemacht oder ein Studium belegt?

An der Freien Hochschule für Grafik Design und Bildende Kunst in Freiburg habe ich Grafik Design studiert und mein Studium dort 2010 abgeschlossen.

Nosebonk an Stahl in Göttingen (Photo: Niels Heise)

Du bist von Göttingen für das Studium nach Freiburg gezogen und jetzt wohnst du in Berlin. Wieso?

Zum einen wohnt meine Freundin in Berlin. Zum anderen wohne ich nun auch näher an meinem Heimatort Wiensen. In Berlin habe ich die Möglichkeit wahrgenommen in der Skatehalle Berlin zu arbeiten und konnte bei Kollegen, den Leuten von Low Society, in Lichtenberg meine Siebdruckmaschine unterbringen. Dort drucke und fertige ich nun Tré Klamotten.

Hast du denn viel noch Kontakt zu der Szene und den Leuten in Göttingen?

Seitdem ich in Berlin lebe immer wieder mehr. Göttingen besuche ich nun wieder häufiger was mich sehr freut – es ist immer wieder schön mit Freunden von früher am Rathaus skaten zu gehen.
Und wie hat dir dein Zwischenstopp in Freiburg gefallen?
5 Jahre Freiburg war eine sehr gute Zeit. Habe auch dort jede Menge Menschen kennengelernt und die Zeit sehr genossen. Freiburg ist herrlich! Nähe Schweiz und Frankreich! Kann nur jedem raten dort mal einen Zwischenstopp zu machen. Die Berge, die „3-Sam“ [anm.d.Red.: die Dreisam, ein Fluss der durch Freiburg fliest] , die Skatespots! Kann es kaum abwarten mal wieder da zu sein - um ein bisschen zu verschlafen und zu verträumen…

180° Fakie Nosegrind aus schiefer Ebene auf hohes Curb. 
Den kann der Juius.

Zwischenfrage von Taube: Wie hat dich das neue Rathaus in Göttingen in Sachen Skaten und Leben beeinflusst? Berlin und Freiburg auch.

Nach der Schule und während der Zivildienstzeit bin fast jeden Tag zum Skaten zum Rathaus in Göttingen gegangen. Der beste Boden für ordentlich POP! Freiburg ist einfach was zum Durchatmen - frische Luft und viel Grün. Und Berlin lebt impulsiv gut und schlecht. Alles gehört in allem dazu.

Zwischenfrage von Basa: Hast du schon mal ein Board aus Wut durchgetreten?

Bestimmt. Aber wann weiß ich auch nicht mehr. Konnte es mir nie wirklich leisten.

Zwischenfrage von Siggi: Hast du vielleicht irgendwelche Marotten rund ums Skaten?


Bis auf dass ich auf jeden Fall silberne Achsen, weiße Rollen, schwarzes Griptape und Kreuzschrauben am Board haben muss, fällt mir keine Marotte ein.

"Da hinten gibt's so einen Stein, wo man drüber kann. Da darf halt nur grad keine Straßenbahn kommen, abe man kann ja schauen" Genau schauen: Nosebonk an Stein.

Kommen wir mal zu einem Thema das du schon angeschnitten hast. Deine Familie ist ziemlich groß? Wie viele Geschwister hast du nochmal?

Ich habe noch 8 Geschwister - durchgemischt ist das ein bunter, lustiger Haufen mit verschiedenen Interessen. Wir sind 4 Jungs und 5 Mädels, im Alter von 10 bis 31 Jahren. Alle versuchen ihr Leben zu meistern.

Fluch oder Segen?
Das ist auf jeden Fall ein Segen und sehr inspirierend für mich.

Hoch, an die Wand, runter - Freude.
Wie sieht es sonst privat bei dir aus? Wohnung, Freundin, Pläne für die Zukunft?
Im Moment wohne ich in einer WG mit meiner Freundin zusammen, suche einen Job als Grafik Designer und möchte für Tré-Investitionen sparen.

Wie siehst du Skateboarding in 10 Jahren?
Es wird wieder mehr mit diesen ganz kleinen und ganz großen Boards gefahren.
Und wie siehst du dein eigenes Skaten in 10 Jahren?
Bis dahin würd' ich gern no comply tailslides können!





<<< Vorbei an den Freunden, auf's Board, über's Gap, vorbei am Auto. Was für ein Ritt.



Ollie to 50-50, dann >>> so schnell per Wheelie raus, dass der Fotograf nicht mehr hinterher kommt. 


Wer würde die nicht gerne können. Aber geht das in 50 Jahren gar nicht mehr, weil wir ausgestorben sind oder geht es einfach so weiter, wie bisher?

Es geht einfach kompliziert weiter. Es soll wohl so sein. Je nachdem für was man sich intréssiert und wie die Welt wahrgenommen wird. Die Erde wird es natürlich regeln. Ob im positiven oder negativen hängt von jedem einzelnen selbst ab.

Na, dann hoffen wir mal auf die Menschheit. Hast du sonst noch Grüße oder Ähnliches an die Welt?

Enjoy und ahoj. Mittelmaß finden.

Danke für das Interview.

Bitte.


 Ollie über's Double Set und über den Zaun. Wuff!