Ein bisschen Deutsch, eine Kamera und Mut ins Ungewisse zu starten. Das ist alles was Jo brauchte, um nach Berlin zu kommen. Er kannte niemanden, er hatte nur ein paar Party-Freunde mit denen er ab und zu mal losgezogen ist. In den letzten Jahren hat er 3 komplette Videos, eine handvoll Touren und andere Clips gemacht. Er ist also aus der Berliner Szene nicht mehr wegzudenken. Sein bisher größter Erfolg ist wahrscheinlich die Parts für das neue Trap-Video zu schneiden. Auch wenn er nicht dem großen Geld hinterher ist und das bestimmt auch nicht gerne hört, hat es doch etwas vom Tellerwäscher zum Millionär.
Hi, Jo
Hi
Wenn ich früher Schluss
gehabt hätte wären wir essen gegangen, oder?
Ja
Bist du ein
Feinschmecker?
Ich denke… Ich weiß nicht.
Ich denke es kommt darauf an. Manchmal gehe ich gerne gut essen, manchmal aber
auch nicht.
Ist das auch abhängig vom
Geld?
Ja, vielleicht auch ein
bisschen abhängig vom Geld. Ich bin manchmal aber auch einfach zu faul und esse
Chips und Toast mit Käse. [lacht]
Was hätten wir denn
gekocht?
Also, ich koche eigentlich
gar nicht so viel, meine Freundin ist die, die kocht.
Hätte Sie dann für uns
gekocht?
Kann sein. Aber wir wäre
dann sowieso in ein Restaurant oder so gegangen.
Oh, das wäre richtig
teuer geworden. Wir haben Monatsende, ich hab' die Kohle grad nicht so dicke.
Wie verdienst du dir denn dein Geld?
Ich arbeite halbtags als
Videocutter für eine Firma, die Spiele und Videos für Handys macht. Heute habe
ich zum Beispiel Clips mit einer versteckten Kamera gemacht oder manchmal auch
Extremclips, inklusive Skateboards. Aber eher selten. Das meiste was wir machen
ist eigentlich Soft-Erotik.
Soft-Erotik für Handys?
Ja, das funktioniert ganz
gut. Man hat in dem Bereich nie eine Krise, das ist ein Vorteil von dem Job.
Hast du das schon immer
gemacht seit du in Berlin lebst?
Ne, den Job habe ich seit 4
Jahren und davor hatte ich keinen festen Job. Die ersten Monate hatte ich noch
Geld von meinem Job in Frankreich. Da konnte ich ungefähr planen ein Jahr ohne
arbeiten zu leben. Das zweite Jahr war ziemlich schwierig, weil ich kaum Geld
hatte. Ich habe versucht über Skateboarding ein bisschen Kohle zu verdienen.
Das hat aber nicht so gut geklappt. [lacht]
Ich bin jetzt ganz froh,
dass ich davon nicht mehr abhängig bin. Es macht auch viel mehr Spaß.
Hast du schonmal richtig
Kohle mit deinen Skatevideos gemacht?
Für meine eigene Videos,
habe ich von Sponsoren immer die DVD und vielleicht mal die Tapes gezahlt
bekommen, aber mehr auch nicht. Manchmal habe ich auch Aufträge. Zum Beispiel
gerade die Parts für Trap schneiden, und für sowas gibt´s natürlich ein bisschen
Geld das reinkommt.
Du bist in Straßbourg
aufgewachsen. Warst du jemals in Freiburg?
Ich war schon dort, ja. Aber
das war nur ein Schulausflug. Aber das Lustige ist, seit ich in Berlin lebe,
habe ich viel mehr Leute aus Freiburg kennengelernt als in Straßbourg.
Dann ging's dir wie uns.
Wir haben es auch nie nach Straßbourg geschafft.
Das lohnt sich auch nicht,
da gibt es wenig Spots. Es gibt einen Hauptspot, wo die Pros manchmal hingehen,
dieses Triple Set. Das war auch nicht weit von meiner Wohnung, da bin ich jeden
Tag hin. Da gibt auch noch kleine Curbs, zwei kleinere Blöcke, wenn man nicht
gleich das Triple Set fahren will, eine 6er.
Also kann man da schonmal
für einen Tag hinfahren?
Ja, mehr aber auch nicht.
[lacht] Den Skatepark muss man auch nicht besuchen, der ist total scheiße. Das
ist eher ein Rollerbladepark.
No Comply Polejam in der Stille der Nacht
Dann warst du doch
bestimmt viel in Frankreich unterwegs, wenn es bei euch nichts gab, oder?
Zum Skaten nicht soviel
eigentlich. Ich habe vier Jahre in Paris gelebt, da gibt´s viel zu skaten.
Sonst warst du nie irgendwo?
Ich habe damals ein paar
Trips mit Freunden gemacht. Nach Prag und Bregenz, aber sonst nicht wirklich.
Wir sind im Winter öfter nach Deutschland gefahren, weil es bei uns keine
Halle gab. Nach Baden-Baden oder Basel. Ich kann mich daran erinnern, dass ich
einmal in Frankfurt in der Railslide Halle war.
Willst du in Berlin
bleiben?
Ich werde erstmal hier
bleiben. Ich habe seit vier Jahren eine
Freundin, es läuft ziemlich gut, für
mich gibt es keinen Grund wegzuziehen.
War das am Anfang hart
für dich in Berlin?
Ich kannte am Anfang
niemanden. Ich bin im November hierher gezogen und habe die ersten Monate
eigentlich alleine verbracht. Ich war ein bisschen auf Party unterwegs und habe
da auch ein paar Leute kennengelernt, aber das war nicht so das richtige für
mich. Ich war auch manchmal in der Skatehalle, aber das ist auch komsich die
Leute in der Skatehalle kennenzulernen. Ich habe die ersten vier Monate in
Berlin verbracht und hatte dann einen Job für einen Monat in Paris. Der Job war
ziemlich gut, ich konnte danach 8 Monate chillen.
Wie lange fährst du schon
Skateboard?
Mein erstes Board hatte ich
mit 10, aber damals bin ich nur so ein bisschen rumgerollt und habe Downhills
gemacht und so. Meinen ersten Ollie habe ich wahrscheinlich mit 16 gemacht.
Wie alt bist du jetzt?
33.
Wann kam das filmen dazu?
Das kam mit 18 Jahren, als
ich zu meinem Geburtstag eine Kamera bekommen habe.
Hat der Titel „20000
leagues under the sea“ von deinem neusten Werk etwas mit dem Buch zu tun?
Also die Videos, die ich in
Berlin gemacht habe tragen alle einen Titel von Jules Verne, ich fand's lustig
so eine Reihe zu haben. Damit sind die Videos so was wie ein Trilogie. Außerdem
finde ich das interessant, weil für mich Skaten vor der Realität zu flüchten
bedeutet, was man auch in der Büchern von Jules Verne findet. Es ist auch
lustig das als ein großes Abenteuer zu betrachten, obwohl wir uns nur einem
Radius von 20 Kilometern bewegen und Skateboard fahren. Man kann trotzdem viel
erleben.
Hattest du die Idee schon
davor oder kam das mit der Zeit?
Am Anfang hatte ich das mit
den Büchern von Jules Verne gar nicht im Kopf. Als ich dann einen Namen für's
zweite Video gesucht hatte kam ich irgendwie über Objetif Lune auf Jules Verne
und dachte, dass das eine gute Idee wäre.
Hattest du die Bücher denn davor schon gelesen?
Nein, aber das hat mich
motiviert, die Bücher zu lesen. Ich habe auch gehofft, dass mir dann Ideen
kommen. Man sieht das auch in den Videos oder im Booklet von 20000 Leagues
under the Sea. Nur minimal, aber immerhin.
Nimmst du Fotografieren
auch so ernst wie filmen?
Ich wollte früher richtig
gute Skatefotos machen, aber irgendwann bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich gemerkt habe, dass man manche Standards haben muss, also Blitze, Mittelformat und Bangers, um in Magazine zu kommen. Ich hatte da eigentlich keine Lust drauf. Ich glaube
das hat auch damit zu tun, dass ich damit kein Geld mehr verdienen will und ich
mache einfach was ich will.
War das immer schon
parallel oder kam Fotografie erst später dazu?
Meine erste Fotokamera hatte
ich mit 17, aber für die Technik interessiert und eine Ahnung, wie
man Fotos eigentlich macht, hatte ich erst später. Als ich nach Berlin kam habe
ich richtig viele Fotos gemacht, weil mich die Stadt inspiriert hat.
Du schießt auch nur
Analog, richtig?
Ja, 35 mm. Manchmal mache
ich auch Mittelformat oder Polaroid, aber sehr selten.
Wie sieht's bei filmen
aus? Machst du da nur MiniDV oder auch andere Sachen?
Im Moment ist es nur MiniDV.
Du hast aber keine
Ambitionen dir eine HD-Cam zu kaufen?
Ich informiere mich im
Internet, was es so neues gibt und versuche mich dafür zu begeistern, habe aber
noch keine Entscheidung getroffen. Das scheint mir noch nicht richtig zu sein,
ich kann mich einfach für keine Kamera begeistern. Wenn man jetzt auf HD filmen
will nimmt man entweder eine Spiegelreflex, die auch filmen kann, was ich nicht
praktisch finde, oder man nimmt eine richtig teure Kamera mit einem 3000
€-Fisheye. Darauf habe ich auch keinen Bock, ich kann Skateboarding nicht mit
so einem Fisheye filmen. Ich denke ich mache noch ein paar Jahre MiniDV und
vielleicht kommt irgendwann die richtige Kamera.
Hast du schon gehört,
dass die Produktion von MiniDV-Tapes eingestellt werden soll?
Nein, habe ich nicht. Aber
ich wollte demnächst ein paar hundert Tapes kaufen, was noch möglich sein
sollte. Die Tapes sind in letzter Zeit auch viel teurer geworden.
Hast du irgendwelche
Lieblingsvideos?
Von den alten oder den
neuen?
Egal, von allen.
Also von den alten würde ich
Girl – Mouse, FTC Penal Code, und AWS – Photosyntecis sagen.
Von den neuen würde ich
Think – Business as usual, das Trauma-Video und das letzte Blueprint Video –
Make friends with the color blue sagen.
Hast du auch
Lieblingsfilme?
Ja, viele. Ich kann dir eine
ganze Liste nennen.
Nein, bitte nicht, ich
muss das alles abtippen. OK, mache wir es so: Du nennst mir einen alten und einen
neuen Film.
Nur zwei?
Ja.
OK… Von den alten: Rififi
von Jules Dassin. Und von den neuen: Moonrise Kingdom von Wes Anderson.
Du bist also sehr
Filmaffin?
Ja, sehr.
Gibt es auch
Lieblingsregisseure?
Wenn ich einen guten Film
von einem neuen Regisseur entdecke, will ich immer gleich alles von ihm sehen.
Ich habe so viele Regisseure, die ich mag, aber ich bin nicht Fan von einem
bestimmten oder so.
Du stehst also auf
„gemachtes“ Zeug, nicht so wie dieses Internetclipzeug oder? Was hälst du
davon?
Na ja, es kommt darauf an,
wenn ein gutes Konzept dahinter steht ist das super. Die Clips bei Slap sind im
Prinzip auch billige Clips, aber sie sind gut und ich ziehe mir die Clips gerne
rein. Man kann nicht alle Clips der Welt cool finden und man kann den Leuten auch
nicht verbieten Clips zu machen. Was ich aber schade finde, ist, dass die
Magazine jeden Tag die selben Clips posten. Keiner ist fähig zu entscheiden,
was für ihn interessant ist oder nicht. Das ist eigentlich die selbe Suppe
überall. Das ist etwas schade, einfach nur Copy-Paste.
Hasst du irgendwas am
Filmen?
Nein, eigentlich nicht.
Etwas das ich nicht mag ist in der Halle filmen und nachts filmen nervt mich
auch ein bisschen. Das ist etwas zu viel geworden in der letzer Zeit. Was mich
beim Filmen nervt sind Standards, das die Leute nicht fähig sind sich ihren
eigenen Rahmen zu gestalten.
Hast du im Moment ein
Projekt in Planung?
Nein, im Moment gebe ich
einfach das Zeug, was ich filme an andere Projekte, z.B. Antiz oder Polar.
Radio hat ein Video in „Planung“… Da habe ich ich eine Datei bereit, ich warte
aber bis ich mehr Infos bekomme. [lacht] Ich arbeite sonst an dem Trap clips
bis im Frühling. Irgendwas gibt es bestimmt, vielleicht etwas kürzer, ich weiß
noch nicht.
Hast du noch was zu
sagen?
Nein, nichts besonderes.
Na ja, dann bedanke ich
mich für's Interview.
Bitte.
(Blog)