Im Moment
befinde ich mich in Barcelona wo ich seit September letzten Jahres wohne um
einen europäischen Freiwilligendienst an der autonomen Universität Barcelonas,
genauer gesagt in einem kleinen sozialen Werk auf dem Campus, zu absolvieren. Vor meiner Ankunft
letztes Jahr habe ich meiner Zeit hier noch mit gemischten Gefühlen
entgegengesehen. Einerseits war ich megagehyped auf diese geile Skatestadt,
hatte aber auch, aufgrund meiner eingerosteten Spanischkentnisse aus der
Schule, ein wenig Bammel vor dem, was mich arbeitstechnisch erwartet. Wie so
viele Sorgen und Ängste die man hegt, hat sich auch hier herausgestellt, dass,
was man sich anfangs als Problem ausmalt, oftmals halb so wild ist.
Drop In. Foto: Stefan Zanette |
Da in
meinem Büro so gut wie niemand Englisch gesprochen hat war ich dazu gezwungen den ganzen Tag in
Spanisch zu kommunizieren, wodurch es dann auch relativ schnell voran ging.
Meine Arbeit hier gefällt mir sehr gut und ist wahnsinnig vielfältig. In den 10
Monaten meines Freiwilligendienstes hier habe ich die Möglichkeit gehabt in
Krankenhäusern, Schulzentren, Gefängnissen und Altenheimen zu arbeiten.
Einziger Minuspunkt ist, dass die autonome Uni eine Dreiviertelstunde vom
Zentrum Barcelonas entfernt ist was die täglichen Skateexzesse und das
Partyleben in den ersten vier Monaten meines Aufenthalts ein wenig stressig
gemacht hat. Der Stress rührte vor allem daher, dass die Bleibe, die mir von
meiner Organisation angeboten wurde, sich in einer Studentenresidenz auf dem
Campus befand und somit zwar nahe bei der Arbeit aber weit vom Leben entfernt
war.
Dogpiss. Foto: Rafael Gonzalez |
Letztendlich haben verschiedene Faktoren, hauptsächlich meine Mitbewohner
und die Tatsache, dass ich mir mein Zimmer dort mit einem anderen Typen teilen
musste, dazu beigetragen, dass ich mich entschieden habe aus der dortigen Butze
auszuziehen und mich ins Zentrum Barcelonas aufzumachen.
Durch einen der vielen
Skatehomies, die ich hier kennen gelernt habe, namentlich Fonsi (ein
sympathischer Skaterboi aus Malaga, der den ganzen Tag nur Skaten und Pussys im
Kopf hat), habe ich ein Zimmer in seiner derzeitigen Bude ergattern können. Die
Wohnung befindet sich ungefähr fünf Minuten Push-Weg vom Parallel entfernt und
liegt direkt am Fuße des Montjuic, eines Berges mitten in Barcelona. Mein Umzug
hat das Leben hier um einiges entspannter gemacht. Zwar habe ich jetzt den
langen Weg zur Arbeit, aber bin dafür, nachdem diese verrichtet ist, direkt im
Zentrum, wo sich das Skate- und Partyleben abspielt und wo auch der größte Teil
meiner Freunde wohnt.
Fs Feeble. Foto: Stefan Zanette |
So kommen wir jetzt endlich mal zum für die Leser Fry-zines wohl interessantesten Teil
des Artikels: Skaten in Barca! Wie einem Großteil wahrscheinlich schon bekannt
sein wird, hat Barcelona den Ruf aus Skateboardträumen gemacht zu sein,
wohinter ich hiermit mal ein dickes Ausrufezeichen setzen will!
Bs Lipslide. Foto: Rafael Gonzalez |
Die
Spotvielfalt auf kleinstem Raum ist wirklich unglaublich und es scheint nicht
aufzuhören. Man entdeckt immer wieder neue Spots oder alte Spots werden durch
Skatestopper neu befahrbar Die Stadtverwaltung samt Architekten scheint unfähig
zu sein irgendetwas zu konstruieren, das sich nicht skaten lässt.
Das Thema
BUST wird zwar immer wieder hochgepusht, ist aber im Endeffekt halb so wild. Es
gibt schon einige Spots, vor allem Mitten im Zentrum (Universitat, World Trade
Center oder Macba) an denen man vorsichtig sein muss, dass man nicht mal auf
einen Bullen trifft der dir direkt das Brett wegnimmt und dir eine 750
Euro-Strafe aufbrummen will, aber der Großteil der Spots ist stressfrei
befahrbar. Und auch wenn man mal ein Ticket kassiert ist das schlimmste was dir
passieren kann, dass sie dir dein Brett wegnehmen, da sie denken dadurch ein
Druckmittel zu haben um die eigentliche Strafe aus dir rauszukitzeln.
Ollie to Fs Smith. Foto: Rafael Gonzalez |
Mein Tipp
ist auf jeden Fall, keine Dokumente mit in die Stadt zu nehmen und am besten
Englisch oder Deutsch mit den Cops zu reden, da es Ihnen so, aufgrund der
fatalen Fremdsprachenkenntnisse in Spanien, irgendwann zu blöd wird dir (euch)
klar zu machen was sie eigentlich wollen. Auch die Skateszene hier ist meiner
Meinung nach eine der offensten und entspanntesten überhaupt.
Fs Nosegrind Pop out. Foto: Phil Gehrke |
Trotz des hohen
Levels und der vielen „Berühmtheiten“ gibt es so gut wie kein gehate oder
abgehobenes „Ich-red-nicht-mit-dir-weil-dein-tre-flip-nicht-schere-genug-ist-gehabe“.
Jeder ist hier down mit jedem und es interessiert nicht auf welchem Level du
dich auf dem Rollbrett bewegst, solange man erkennen kann, dass du Spaß und
Leidenschaft für Skateboarding aufbringst.
Einer der interessantesten Aspekte
des Lebens und Skatens in Barca ist wahrscheinlich auch der unglaubliche
Nationalitäten-Mischmasch. Du musst den ganzen Tag wild auf Englisch,
Französisch, Spanisch und Catalan durch die Gegend kommunizieren und hast auch
noch die Möglichkeit von so vielen anderen Sprachen, die hier vertreten sind,
etwas aufzuschnappen. Ich glaube, dass ich das auch mit am meisten vermissen
werde wenn ich wieder zurück in Deutschland bin.
Ollie to Fs Smithgrind. Foto: Paul Weisser. |
Doch trotz aller Lobpreisungen
auf diese großartige Stadt, weiß ich nicht wirklich ob ich (momentan
jedenfalls) mit einem dauerhaften Aufenthalt klar kommen würde. Man lernt hier
auch viele Leute kennen bei denen man das Gefühl hat, dass sie einfach in
Barcelona stecken geblieben sind. Die sich mit kleinen Arbeiten (wie
Call-Center, Transporter beladen oder Kellnern) über Wasser halten und sonst
von morgens bis abends nur am Macba rumgammeln um Bier zu trinken und Joints zu
rauchen.
Vielleicht hängt das damit zusammen, dass ich auf jeden Fall, was
meine berufliche Zukunft angeht, erst mal etwas auf die Reihe bekommen möchte
bevor ich es laufen lasse.
Bs Tailslide. Foto: Rafael Gonzalez |
Wo wir gerade beim Thema Zukunft angelangt sind,
erzähle ich noch kurz was bei mir wahrscheinlich als nächste kommt. Wie gut 2/3
aller Freiburger Skaterboys strebe ich ein Lehramtsstudium nach meiner Rückkehr
nach Deutschland an.
Ich hab hier in verschiedene Schulzentren gearbeitet und
in einem Jugendgefängnis Englisch unterrichtet, was mich dem Lehrertum näher
gebracht und mir aufgezeigt hat, dass ich wirklich Spaß am unterrichten habe
und ich mir das gut vorstellen könnte. Schauen wir mal ob ich einen
Studienplatz bekomme, dieses Jahr herrscht ja der doppelte Andrang auf die
Universitäten da zwei Generationen zusammen Abitur machen.
Wenn nicht,
vielleicht arbeiten und so schnell wie möglich noch mal ein paar Monate nach
Barca abhauen!
(Insgeheim hoffe ich
drauf haha)
Fs Rock ´n´ Roll. Foto: Rafael Gonzalez |